Felssperrung im Frankenjura
Förstelsteinkette im Frankenjura gesperrt

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Seit 1. August sind die Förstelsteine bei Gößweinstein fürs Klettern gesperrt. Das gut abgesicherte Massiv wurde anscheinend etwas zu stark frequentiert. Wir haben die IG Klettern zur Situation befragt und erläutern Hintergründe.

Förstelsteinkette im Frankenjura gesperrt
Foto: Guido Köstermeyer DAV

In diesem Artikel:

Sperrung Förstelsteinkette Frankenjura
Guido Köstermeyer DAV
Dieses Schild hängt seit kurzem an der Förstelsteinkette
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Seit die Beschilderung hängt, steht es auf der Webseite der IG Klettern Frankenjura:

"Die Östliche Förstelsteinkette zwischen Allersdorf und Stadelhofen wurde auf Veranlassung der Naturschutzbehörde der Regierung Oberfranken, vom 1. August 2020 bis 30. September 2021, der Zone 1 zugeordnet. Das bedeutet, die Wand ist ab sofort mit einem Kletterverbot belegt. Diese Maßnahme war notwendig, da Aufgrund der hohen Besucherzahlen Waldschäden entstanden sind."

Allem Anschein nach waren die Förstelsteine einfach zu beliebt. Vielleicht kein Wunder: Leichte Routen mit Schwerpunkt im fünften und sechsten Grad, vorbildliche Absicherung und ein kinderfreundlicher Zustieg von fünf Minuten – diese Vorteile wurden dem Massiv zum Verhängnis. Bereits 2019 hatte sich der Grundbesitzer der Förstelsteine an die Gemeinde Gössweinstein sowie die Kletterverbände gewandt und eine "extreme Zunahme des Klettersports mit teilweise bis zu 40 Personen gleichzeitig im Wald" beklagt.

Klettern im Frankenjura
Sarah Burmester
Klettern im Frankenjura

Nach Angaben der Webseite frankenjura.com bemängelte der Waldbesitzer die chaotische Parksituation sowie von Kletterern im Wald zurückgelassenen Müll und Fäkalien. Des weiteren wurden Bäume beschädigt. Daraufhin wurde die Gemeinde Gößweinstein tätig und sperrte den heiklen Parkplatz, allerdings ohne Ersatz anzubieten. Trotz des verringerten Parkplatz-Angebots war der Andrang an den Förstelsteinen dieses Jahr unvermindert stark, und in der Folge die Spuren des Andrangs ebenfalls. Nun sprach die zuständige Naturschutzbehörde die Sperrung aus. Zwar ist die Sperrung eine vorläufige bis Ende September 2021, doch ist fraglich, ob die zugrundeliegende Problematik, dass manche Felsen sehr beliebt sind, bis dahin auch zu lösen ist.

Wir haben mit Dr. Jürgen Kollert gesprochen, langjähriger Vorstand der IG Klettern Frankenjura. Die IG Klettern Frankenjura vertritt als Organisation die Anliegen der Kletterer in den verschiedenen Gremien und Arbeitskreisen und setzt sich für die Belange der Kletterer ein.

Interview mit dem Vorsitzenden der IG Klettern Frankenjura, Dr. Jürgen Kollert

Dr. Jürgen Kollert, Vorsitzender IG Klettern Frankenjura
privat
Dr. Jürgen Kollert, Vorsitzender der IG Klettern Frankenjura

Die IG kämpft an vielen Fronten für die Kletterer, musste diesmal aber mit der Förstelsteinsperrungeine – zumindest zeitweilige – Niederlage einstecken. Was ist schiefgelaufen?

Der Waldeigentümer hat uns bereits im vergangenen Herbst über seine Probleme informiert, manchmal waren seinen Aussagen zu Folge über 50 Personen am Fels beziehungsweise in seinem Wald. Wir haben daraufhin zusammen mit dem DAV versucht, Kontakt mit ihm aufzunehmen, was er leider verweigert hat. Nachdem sich trotz Pandemie im Frühjahr und Frühsommer dieses Jahres die Verhältnisse an der Förstelsteinkette – trotz des Aufrufs im Internet und trotz einem absoluten Parkverbot auf einer Straßenseite – nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hatten, hat er sich an die Naturschutzbehörde gewandt. Bei dem darauf folgenden Ortstermin wurde seitens der Behörde sehr schnell die zeitlich befristete Sperrung ins Spiel gebracht und dem vom Eigentümer geforderten partiellen Routenrückbau zugestimmt. Wir hatten mit unseren Vorschlägen oder Gedanken nicht wirklich eine Chance. Zumal sich der Eigentümer wenig kompromissbereit zeigte.

Die Gründe für die eskalierte Situation sind offensichtlich, Lösungsansätze für die entstandenen Probleme weniger. Wie kann man in Zukunft solche Konflikte entschärfen und wer sollte dafür tätig werden?

Vorrangiges Ziel sollte sein, solche Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. Da sehe ich die Kletterverbände, Kursanbieter jeder Couleur und natürlich die einschlägigen Medien in der Pflicht. Diese müssen entsprechend aufklären. Und der einfachste Weg führt natürlich über uns Kletterer selbst. Wenn ein einschlägiger Parkplatz voll ist, dann fahre ich halt weiter zu einem anderen Felsen.

Gibt es Möglichkeiten, die Kletterer-Massen zu lenken?

Eine Lenkung halte ich für äußerst schwierig. Hotspots haben immer die gleichen Eigenschaften: Vorrangig sind ein kurzer Zustieg, ein kinderfreundlicher Wandfuß und ausreichend Platz zum Chillen. Die Absicherung der Routen und das Schwierigkeitsspektrum spielen natürlich auch eine Rolle, erscheinen aber oft nachrangig. Wenn die ersten drei Punkte nicht erfüllt sind, dann besteht kaum Gefahr, dass sich dort Ärger entwickelt. Es gibt in der Fränkischen etliche Felsen mit gut abgesicherten, leichten Routen, an denen man meist alleine ist, nur weil der Zustieg 25 Minuten dauert.

In der Facebookgruppe "Klettern in Franken" fragte ein Kletterer, ob man vielleicht die Absicherung überdenken sollte, um Andrang wie an den Förstelsteinen zu entzerren. Dort treten die altbekannte Fraktionen aus früheren "Hakenkriegen" wieder auf: zum einen die Traditionalisten ("sollen die doch in der Halle bleiben") zum anderen die Sicherheitsfreunde ("Sollen die doch die Haken auslassen, wenn sie Nervenkitzel wollen") und einige Mittler, die gern einen Kompromiss finden wollen aber auch keine konkreten Ansätze vorschlagen, wie dies zu machen sei. Was sagst du dazu?

Die Fränkische ist ein Klettergebiet mit langer Tradition. Bei uns wird schon seit 1890 unter sportlichen Gesichtspunkten geklettert. Der Spagat zwischen Tradition und Moderne ist schwierig. Ich persönlich halte von Sprüchen wie "die sollen doch in Halle bleiben" gar nichts. Ich habe auch nichts gegen ein paar zusätzliche Haken. Und ich kenne einige "alte" Kletterer, die ihre Routen nachsanieren.

Ist es nicht elitärer Quatsch und unfair, wenn Neuner alle zwei Meter einen Haken aufweisen und Fünfer nicht?

Bei den schlecht abgesicherten leichten Wegen handelt es sich meist um klassische Routen. Diese Routen wurden oft von unten erstbegangen und die Bühlerhaken nachträglich gesetzt. Manch eine dieser Routen wurden inzwischen mit zusätzlichen Haken versehen. Die neuen leichten Wege sind alle besser abgesichert. Und nicht jeder Neuner ist bei uns gut abgesichert, siehe am Kühllochfels oder an den Oberen Gößweinsteiner Wänden. Es ist also für jeden etwas dabei.

Klettern im Frankenjura
Sarah Burmester
Im neunten Grad ist die fränkische Absicherung meist angenehmer als im sechsten oder siebten

Selbst wenn man beschließen sollte, dass mehr anfängerfreundliche Felsen erschlossen werden, stehen wir dann nicht in einigen Jahren – bei angenommen anhaltendem Kletterboom – wieder vor dem gleichen Problem: dass die Felsen einfach zu voll und die Kapazitäten des jeweiligen Ökosystems überfordert sind?

Für zusätzliche anfängerfreundliche Felsen fehlt uns hier im Frankenjura einfach das Potenzial, außerdem sind Neuerschließungen von Felsen nur noch mit Genehmigung der Behörden möglich. Entsprechende Anträge wurden in der letzten Zeit aber meist abgelehnt. Ein Bürgermeister einer Oberfränkischen Gemeinde, auf deren Grund sich einer dieser Kletter-Hotspots befindet, hat kürzlich in einem Zeitungsartikel gefordert: "Neue Felsen braucht das Land". Ich habe diesen Artikel an die zuständige Behörde weitergeleitet, worauf mir der Behördenmitarbeiter geantwortet hat: "Wer Straßen baut, erntet Verkehr". Ich denke, das brauche ich nicht weiter zu kommentieren.Zur Übersicht

Wie machen wir den Kletterern aus der Halle klar, dass wir an Felsen nur Gast sind und uns entsprechend verhalten müssen? Wir Kletterer und Kletterinnen müssen uns darüber im klaren sein, dass wir in der Natur zu Gast sind und uns, zumindest in der Fränkischen, dem Grunde nach immer auf Privatgrund bewegen. Da ist natürlich ein entsprechendes Verhalten angesagt. Auch hier sehe ich wie oben bereits gesagt die Verbände und Kursanbieter (Stichwort: "Von der Halle an den Fels") in der Pflicht. Aber auch jeder einzelne kann dazu beitragen, indem er Leute anspricht und dezent auf ein eventuelles Fehlverhalten hinweist.

Was genau sind heikle Verhaltensweisen? Was genau sollte man denn unterlassen?

Zugeparkte Feldwege, zurückgelassener Müll und Fäkalien sind das eine Problem. Das andere Problem ist – und das hat der Eigentümer der Förstelsteinkette mit diversen Fotos eindeutig dokumentiert – das Ausbreiten der Kletterer nicht nur in der Nähe der Felsen sondern an den einschlägigen Hotspots mehr oder weniger im gesamten Wald. Das Aufhängen von Hängematten ist aktuell mega in, dann kommen noch ein paar Sonnenschutzzelte für die Kinder dazu. Crashpads werden an manchen Felsen eigentlich nur noch zum Ausruhen mitgenommen, und wenn die Leute dann abends weg sind, sieht der Wald wie ein verlassener Abenteuerspielplatz aus. Hier ist einfach Gefühl für das eigene Handeln gefragt. Wir müssen uns fragen, muss das sein?

Vielen Dank, Jürgen!

Hintergrundwissen zum Klettern auf Privatgrund

Tatsache ist, dass wir an den allermeisten Felsen in Deutschland (und auch in anderen europäischen Ländern) nur Gast sind. Das heißt, dass die Grundeigentümer erwarten, einen (wie im Fall der Förstelsteinkette) naturbelassenen Wald ohne Pfade und beschädigte Bäume vorzufinden oder (in anderen Fällen), dass angrenzende Felder und Wiesen unberührt bleiben. Meist wird das Land bewirtschaftet, selbst wenn dies von außen nicht direkt sichtbar ist. Eine zertrampelte Wiese oder beschädigte Bäume können daher leicht zu Verstimmungen führen.

Frankenjura Landschaft
Sarah Burmester
Fränkische Auen: Idyllische Landschaft, die bewirtschaftet wird

Das Betretungsrecht der Natur schließt in Bayern das Klettern mit ein, wobei die Naturschutzbehörden darunter verstehen, dass eine "extensive Nutzung der Natur" erlaubt ist. Bei einem regelmäßigen Andrang von über 40 Personen muss man wohl eher von einer "intensiven" Nutzung der Natur sprechen. Die bestehenden Kletterkonzepte im Frankenjura sind freiwillige Vereinbarungen, die zwischen den Kletterverbänden wie Alpenverein und IG Klettern sowie den Naturschutzbehörden und den beteiligten Gemeinden ausgehandelt wurden. Daraus lässt sich allerdings kein Nutzungsanspruch für die Felsen ableiten, die sich zum allergrößten Teil auf Privatgrund befinden.

Es hat sich in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt, dass die Kletterer – trotz des anhaltenden Kletterbooms – sowohl zahlenmäßig als auch argumentativ dem Einfluss von Anwohnern und auch Naturschützern nicht gewachsen sind. Entsprechend schlecht ist die Verhandlungsposition der Kletterer, die gegenüber der genannten Parteien, gegenüber Eigentümern und Behörden erst recht, zurückstecken müssen und über keinerlei Anspruch auf die Ausübung des Kletterns am Fels verfügen.

Deshalb ist es wichtig, sich an die grundlegenden Regeln (siehe unten) zu halten und sich rücksichtsvoll zu verhalten – damit die erreichten Kompromisse und Freiheiten nicht gefährdet werden und wir als Kletterer nicht noch weitere Klettergebiete und Felsen verlieren.

Tipps: Spurlos am Fels klettern

Parke rücksichtsvoll

Nutze die im Kletterführer angezeigten Parkplätze. Laufe lieber zwei Minuten länger, als Anwohnern oder Bauern ihre Wege oder eine Zufahrt zu verstellen. Parke möglichst platzsparend, sodass auch andere Besucher noch Platz finden.

Auf dem Weg bleiben

Abkürzungen und querfeldein Laufen beeinträchtigen den Boden, Pflanzen und das Gelände. Bleibe auf den eindeutigen und im Kletterführer angegebenen Zustiegswegen.

Begrenze den Lautstärkepegel

Klar, manchmal müssen die Emotionen raus, und Kinder sind auch einmal laut. Trotzdem sollte man versuchen, weder Wild noch Anwohner mit dauerhaftem Geschrei oder lauter Musik zu nerven.

Kein Feuer

Nicht erst in Zeiten von gravierender Waldbrandgefahr gilt, dass Lagerfeuer im Wald oder an Felsen, abseits offizieller Feuerstellen und Grillplätze, absolut tabu sind.

Kein Müll

Ist klar, oder? Tapestreifen, Verpackungsfolie und Zigarettenkippen haben im Wald nichts verloren, aber auch Nussschalen, Apfelreste und andere organische Abfälle sollte man möglichst wieder mitnehmen, um Spuren zu vermeiden und die Ausbreitung von Ungeziefer nicht zu begünstigen. Eine Mülltüte gehört immer in den Rucksack.

Der Fels ist kein Klo

Auch in Notfällen sollte man am Fels keine Spuren hinterlassen. Das heißt im Klartext: Nur dort hinpinkeln, wo es auch hinregnen kann, und bei größeren Geschäften ein Loch graben (mindestens 15 Zentimeter tief) und es gründlich wieder verschließen. Wer Papiertaschentücher und schlimmere Reste im Wald hinterlässt, darf sich über Gebietssperrungen nicht wundern.

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07 / 2023

Erscheinungsdatum 06.06.2023