In diesem Artikel:
Was ist das Ohm? + Sichern bei Gewichtsunterschied - Sandsack & Co + Seil-Management mit dem Edelrid Ohm + Edelrid Ohm: unser Fazit + Edelrid Ohm: Bedienung & Beobachtungen + Ohm von Edelrid – die Fäcts +
Was ist das Ohm?
Das Ohm ist eine Art Vorschaltwiderstand, der dafür sorgt, dass beim Sichernden weniger Sturzzug ankommt. Gedacht ist es für Seilschaften mit größerem Gewichtsunterschied.
Bisher beruhte das Konzept des Sicherns beim Klettern darauf, dass der oder die Sichernde mittels Sicherungsgerät im Sturzfall oder beim Ablassen das Seil kontrolliert bremst und so den Vorsteiger vor einem Bodensturz bewahrt. Problematisch wird dieses Konzept vor allem, wenn der Kletterer deutlich schwerer ist als der oder die Sichernde.
Denn dann wird der Sicherer womöglich unsanft in die Höhe gerissen, knallt womöglich gegen die Wand oder die erste Expressschlinge und verliert schlimmstenfalls die Kontrolle über das Bremsseil. Zudem verlängert sich, wenn der Sichende abhebt, auch die Sturzlänge, womit Kollisionen zwischen Kletterer und Sicherer oder Kletterer und Boden wahrscheinlicher werden.
Sichern bei Gewichtsunterschied – Sandsack & Co
Bekannte Gegenmaßnahmen waren bisher: Sandsäcke oder andere Fixierungen von zu leichten Sicherern oder das sogenannte Reibungs-Clipping (der erste Haken der Nachbarroute wird zusätzlich geklippt). Edelrids Ohm macht nun derartige Verrenkungen überflüssig. In den ersten Haken einer Route eingehängt, läuft das Seil im normalen Kletterbetrieb weitgehend ungehindert durch.
Bei einem Sturz oder beim Ablassen klappt die Exe mit dem Ohm durch die Seilreibung nach oben, und das Gerät bremst zusätzlich zum Sicherungsgerät des Sicherers. Der wird damit keinesfalls ersetzt, aber spürbar entlastet. Denn bei ihm oder ihr kommt viel weniger vom Sturzzug oder dem Gewicht beim Ablassen an. Mit Ohm soll das Sichern mit bis zu 40 Kilogramm Gewichtsunterschied sicher möglich sein.
Seil-Management mit dem Edelrid Ohm
Damit das Ohm beim normalen Seildurchlauf nicht blockiert, ist es ziemlich schwer. Um ein einwandfreies Ansprechen der Bremsfunktion zu gewährleisten, muss im Seilverlauf durchs Ohm ein kleiner Knick auftreten. Der Sicherer sollte also nicht direkt unterm Ohm stehen. Das wäre aber ohnehin nicht die empfohlene Position zum Sichern (die ist einen Meter weg von der Wand und einen Meter seitlich der Routenlinie).
In unseren Tests suchten wir nach Schwachstellen des Geräts, aber außer einigen Kleinigkeiten und teils bewusst provozierten Fehlbedienungen (siehe unten) konnten wir nur feststellen: Es funktioniert. Es hilft beim Sichern und beim Ablassen, und schwere Kletterer berichteten uns, dass sie sich mit Ohm einfach wohler fühlen, wenn sie an der Sturzgrenze klettern.
Edelrid Ohm: unser Fazit
Das Ohm ist eine Lösung für ein spezifisches Problem (schwerer Vorsteiger, leichter Sicherer). Es ist aber auch ein Einstieg in eine neue Sicherungsphilosophie, die den Sichernden aktiv unterstützt. Es verursacht einen gewissen Mehraufwand, braucht eine kleine Lernphase und ist mit 120 Euro nicht ganz billig. Dafür bekommt man noch mehr Sicherheit und ein gutes Gefühl.
Edelrid Ohm: Bedienung & Beobachtungen
- Seil einlegen und Kontrolle
Auf dem Ohm ist außen gekennzeichnet, wie das Seil einzulegen ist. Ideal wäre, wenn das Ohm außen zweifarbig wäre (zum Beispiel die obere Hälfte zum Vorsteiger rot, die untere grün), so dass für Kletterer und Sicherer immer auf einen Blick sichtbar ist, ob das Seil richtig eingelegt wurde.
- Wer einhängt … muss auch aushängen
In der Halle nicht normal, deshalb immer daran denken, das Ohm aus dem ersten Haken wieder zu entfernen. Da muss man auch mit dicken Armen mal kurz ran.
- Schauen statt fühlen
Bildet sich oberhalb des Ohms Schlappseil (siehe Fotostrecke), rutscht es in manchen Situationen nur schlecht durch das Ohm nach unten. Dann muss der Sicherer durch Einziehen aktiv nachhelfen. Dazu muss er aber das Seil ständig beobachten, denn an der Sensorhand (auch: Führungshand) kommt nichts an – das Schlappseil hängt ja oberhalb des Ohms.
- Falsch herum eingelegt
Beim Sturz passiert erstmals nichts, das Ohm bleibt wirkungslos, es ist, als ob man ohne es sichern würde. Bildet sich Schlappseil, läuft es aber – wenn falsch eingelegt – nicht mehr durchs Ohm und lässt sich auch kaum vom Sicherer nach unten durchziehen. Deshalb ist es besonders wichtig, das Seil immer richtig ins Ohm einzuhängen!
- Unerwünschte Blockade 1
Es kam bei uns nur sehr selten vor, aber mit alten, dicken Seilen kann das Ohm manchmal blockieren, wenn der Vorsteiger schnell viel Seil zum Klippen hochzieht. Mit etwas Übung und der richtigen Position des Sicherers ist das weitgehend zu vermeiden.
- Unerwünschte Blockade 2
Das Ohm hat auch beim Ablassen eine gute Bremswirkung. Mit alten, dicken Seilen kann es sogar manchmal komplett blockieren. Dann muss der Sicherer es durch Schütteln und Ziehen am Seil wieder lösen. Beim Draußenklettern könnte das manchmal schwierig werden.
Wie das Ohm verwendet wird und was uns beim Testen sonst noch aufgefallen ist, lässt sich in der Fotostrecke oben nachlesen.





Älterer Artikel:
Ende Januar will die Firma Edelrid mit dem "Ohm" ein neues Gerät vorstellen, das angeblich das Sichern bei Kletterpartnern mit großem Gewichtsunterschied ermöglichen soll.
Die Allgäuer Firma Edelrid will auf der ISPO-Messe Ende Januar ein neues Gerät präsentieren, dass angeblich das Sichern von deutlich schwereren Personen ungefährlicher machen soll. Es ist aber kein Sicherungsgerät im herkömmlichen Sinn.
Hintergrund: Beim Vorstiegsklettern kommt im Sturzfall viel Zug-Energie beim Sichernden an – die Person wird in Richtung des ersten Hakens gezogen. Hier besteht die Gefahr, dass der Sichernde sich verletzt; oder gar, dass das Bremsseil losgelassen wird, um sich vor dem Aufprall zu schützen. (Das kann übrigens auch bei ausgewogenen Gewichtsverhältnissen oder leichteren Kletterern passieren, Achtung!)
Sicherungsgerät Ohm von Edelrid

Mit dem "Ohm" will Edelrid die Problematik (s.u.) des großen Gewichtsunterschieds entschärfen. Das Ohm soll eine Art "Vorschaltwiderstand" in die Sicherungskette einbauen, indem man es in den ersten Haken einhängt. Edelrid erklärte in der Pressemitteilung zum Ohm:
"Im Sturzfall wird das Seil in die Bremseinheit des Geräts gezogen und der Sturz wird progressiv abgebremst. Das heißt, das Gerät stoppt das Seil nicht abrupt ab, sondern bremst dessen Durchlaufgeschwindigkeit, so dass der Sturz dynamisch vom Sichernden abgefangen werden kann. Das Ohm erhöht also die Reibung in der Sicherungskette, unabhängig vom verwendeten Sicherungsgerät."
Somit wird die zum Halten des Sturzes nötige Handkraft verringert, und die sichernde Person wird nicht so stark in Richtung erster Haken gezogen. Nach Angaben von Edelrid soll das Ohm von Edelrid das Seilhandling sonst in keiner Weise einschränken, weder in Form von verstärkter Seilreibung noch beim Seil-Ausgeben – erst beim Ablassen und im Sturzfall soll es wirken.
Und so funktioniert's:
Die vorsteigende Person bindet sich in ins "scharfe Ende" des Kletterseils ein. Dann wird das Seil ins Ohm eingelegt und mit einer Express-Schlinge am Klettergurt befestigt. Am ersten Bohrhaken hängt der Vorsteigende die Exe mit dem installierten Ohm in den Haken ein. Dann soll die Seilschaft wie gewohnt agieren können.

Laut Edelrid soll das Ohm besonders sichernden Personen ab einem Körpergewicht von 40 Kilogramm helfen. So sollen "gerade in den unteren Gewichtsbereichen mit Hilfe des Ohms Vorsteiger gesichert werden, die bis zu 100 Prozent schwerer sind als der Sichernde", so die Ansage von Edelrid. Das Ohm wurde für den Einsatz beim Hallenklettern und Sportklettern am Fels entwickelt.
Ohm von Edelrid: Fäcts:
- Gerät zum Sichern von deutlich schwereren Personen
- für Seile mit einem Durchmesser von 8,6 – 11 mm geeignet
- Gewicht: 360 g
- Farbe: oasis
- Verkaufspreis: 100,- €
- seit November 2016 erhältlich
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Zurück zum Sichern von schwereren Personen – die Empfehlung vom Deutschen Alpenverein lautet wie folgt:
Empfehlung des DAV zum Gewichtsunterschied beim Sichern
Beim Toprope-Sichern sollte der Kletterer höchstens das 1,5-fache des Sichernden, also maximal die Hälfte des Sicherergewichts mehr wiegen.
Beispiel: Wenn der Sicherer (oder die Sichernde) 60 Kilogramm wiegt, darf der Kletterer höchstens 90 Kilogramm wiegen. Wie immer sollte in Bodennähe ohne "Schlappseil" und etwas straffer gesichert werden, da wegen der Seildehnung akute Bodensturzgefahr besteht.
Beim Vorstiegs-Sichern darf der Gewichtsunterschied höchstens Faktor 1,33 haben, das heißt der Kletterer darf maximal das 1,3-fache oder circa ein Drittel mehr als der Sichernde wiegen.
Beispiel: Wenn die sichernde Person 60 Kilogramm wiegt, darf die kletternde Person nicht mehr als 80 Kilogramm wiegen. Oder anders herum: Wenn der Kletterer 80 Kilogramm wiegt, darf der Sicherer nicht weniger als 60 Kilogramm wiegen.
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