Gibt es so etwas wie den perfekten Allround-Bergstiefel? – Die Antwort gibt es in unserem neuesten Bergschuh-Test – auch als PDF zum Download ...
Gibt es so etwas wie den perfekten Allround-Bergstiefel? – Die Antwort gibt es in unserem neuesten Bergschuh-Test – auch als PDF zum Download ...
Bergwanderschuhe/Link zum Testbericht | Preis/Herkunft | Testergebnis | Hier können Sie die Schuhe kaufen |
---|---|---|---|
Asolo Magnum GV (OUTDOOR-Kauftipp) | 200 €/Rumänien | Sehr gut | Preisvergleich |
Dachstein Super Ferrata MC GTX (OUTDOOR Testsieger) | 230 €/Bulgarien | Überragend | Preisvergleich |
Lowa Alpine SL GTX (OUTDOOR Testsieger) | 390 €/Deutschland | Überragend | Preisvergleich |
Mammut Alnasca Pro 2 Mid GTX | 200 €/Vietnam | Sehr gut | Preisvergleich |
Meindl Vakuum Sport 2 GTX | 280 €/Slowakei | Sehr gut | Preisvergleich |
Salewa Wildfire Edge Mid GTX | 200 €/Vietnam | Gut | Preisvergleich |
Scarpa Zodiac Plus GTX | 250 €/Italien | Sehr gut | Preisvergleich |
Muss man im Gebirge wirklich immer wuchtige Bergstiefel tragen, selbst wenn es nur von Hütte zu Hütte geht oder vom Tal aus auf den Hausberg? Tut’s da nicht auch ein Leichtwanderschuh? Einer, der nicht wie ein Amboss am Bein hängt, sondern so sanft und geschmeidig abrollt, dass es auch für Wandertouren im Harz, Hunsrück oder Schwarzwald gern geschnürt wird? Wanderschuhe, die dennoch steif und stabil genug sind, um mal einen leichten Klettersteig zu wagen, einem steilen Saumpfad zu folgen oder über wackelige Geröllfelder zu balancieren? Gibt es solch ein Multitalent unter den Bergwanderstiefeln, der das alles mitmacht – zumindest alles bis zur Gletschergrenze?
»Das wird sich herausstellen«, sagt Ausrüstungsredakteur Frank Wacker. Zusammen mit der OUTDOOR-Testcrew nahm er sieben Paar Bergwanderschuhe für Herren und Damen mit einem Paargewicht von zumeist rund einem Kilo unter die Lupe. Erste Station: der Labor-Check. Hier zwang ein »Schuhflexer« die getesteten Bergwanderschuhe paarweise 24 Stunden lang zu Gehbewegungen im Wasserbad, was einer Strecke von zirka 100 Kilometern entspricht. »Genug, um Undichtigkeiten bei den Wanderschuhen aufzudecken. Sie zeigen sich nämlich selten sofort, sondern oft erst nach Hunderten von Schritten im Schuh«, erklärt Frank Wacker. 72.000 müssen die Wanderschuh-Paare im Flexer durchhalten – was ihnen gelingt. Die bei sämtlichen getesteten Bergwanderschuhen im Test 2020 verbaute wasserdichte Gore-Tex-Membran hielt dicht: Keine der sensorbestückten Wanderschuh-Sohlen meldete einen Wassereinbruch.
Testrevier Albtrauf
Kaum waren die getesteten Bergwanderschuhe wieder trocken, zog die Testcrew – die bereits im Vorfeld viel mit den Schuhen unterwegs war – zur gemeinsamen Abschlusswanderung auf die Schwäbische Alb. Ein perfektes Testrevier für unsere Prüflinge, gelangt man hier doch über knallharte Asphaltwege erst auf krümelige Wanderpisten, um dann auf steinigsteilen, aber auch feucht-matschigen Saumpfaden entlang des Albtraufs zu wandern. Von dieser Abbruchkante aus ging es teilweise mit Hilfe von Leitern, Stahlstiften und Fixseilen zum Wandfuß der bis zu 40 Meter hohen Kletterfelsen – ideal, um Sohlengrip, Halt und Kraxelperformance der getesteten Bergstiefel auf die Probe zu stellen.
Während beim Wandern auf Teer, Schotter, Wald- und Wiesenwegen sämtliche Paare gute bis sehr gute Zeugnisse bekamen – die Bergschuh-Modelle von Asolo und Dachstein sogar ausgezeichnete – sahes im Steilterrain anders aus: Hier erteilten die Tester vor allem einem Bergschuh-Modell einen Platzverweis: »Die Sohle des Meindl Vakuum Sport 3 GTX ist für Kraxelwege zu klobig«, bringt Tester Jürgen Kaminski die Eindrücke der Crew auf den Punkt.
Als wahrer Kletterkünstler zeigt sich hingegen der Lowa Alpine SL GTX, auch mit Asolo Magnum GV und Salewa Wildfire Edge Mid GTX machen Ausflüge in die Vertikale Spaß – wenn man genug Trittsicherheit mitbringt, denn Schafthalt gibt es bei keinem der beiden. Den braucht jedoch – ebenso wie eine durchdrückfeste Sohle –, wer mit dickem Rucksack wandern möchte, etwa von Hütte zu Hütte. Das merkten die Tester am Abend, als sie sich beladen mit Schlafsack, Matte, Kocher und Proviant auf Biwakplatzsuche begaben. Rasch klagten sie über Steine, die sich beim Mammut in die Sohlen bohrten. Doch dafür reichte sein Seitenhalt für Wandertouren mit schwerem Rucksack locker. Noch mehr bieten nur die Meister in Sachen Stabilität: Lowa und Meindl.
Am Biwakplatz, im Schein der LED-Laterne bilanzierte die Gruppe dann ihre Eindrücke und Ergebnisse – nicht nur vom Wochenende, auch von den vielen Touren, die die Tester davor auf eigene Faust unternommen hatten. Schnell wurde deutlich: Perfekt austarierte Allround-Bergschuhe, die in jedem Terrain Bestleistungen abliefern, gibt es kaum. Die meisten getesteten Bergwanderstiefel haben Vorlieben – wie auch ihre potenziellen Käufer.
Fangen wir bei einem der günstigsten Bergschuhe im Test an, dem Mammut Alnasca Pro II Mid GTX für knapp 200 Euro (siehe Bild unten). Er wendet sich mit seinem überaus festen Schaft an Genusswanderer, die Seitenhalt genauso schätzen wie ein geringes Schuhgewicht (980 g). Und die eher auf einfachen Wegen bleiben, denn seine Sohle ist zwar kantenfest, aber auch sehr weich, so dass Steine schnell mal durchdrücken.
Auch die Paare von Meindl und Scarpa empfehlen sich eher für Harzwanderer als für Alpinisten. Zwar bieten ihre verwindungssteifen Sohlen auf steilen Wegen viel Halt, verfügen aber nicht über genügend Kantenstabilität und Präzision, um auch beim Klettern zu punkten. Dafür stützen sie die Sprunggelenke selbst bei Touren mit dickem Rucksack sehr gut und rollen schön definiert ab, was die Fußmuskulatur schont. »Für Zelttouren in bergigem Terrain sind beide eine top Wahl«, so Frank Wacker.
Diese Bergschuhe eignen sich auch für Klettersteige und alpinere Pfade:
Kommen wir zu den eher kraxelaffinen Kandidaten: zu Asolo und Salewa. Sie zählen mit unter 1000 Gramm und 200 Euro zu den leichtesten und günstigsten Testmodellen. Und zu denen mit dem besten Kletterkönnen, verfügen sie doch über präzise wie kantenfeste Sohlen, die sich selbst auf kleinsten Felskrümeln festbeißen. Auch genießen die Gelenke in beiden Paaren unendlich Freiraum – Seitenhalt bieten ihre Schäfte nicht. Beim Salewa findet sich gar nur eine Elastikstulpe – als Steinchenabweiser. Während der Asolo Magnum GV auch beim Wandern mit viel Komfort überzeugt, fällt der Salewa Wildfire hier ab, was auch daran liegt, dass seine Schnürsenkel durch die Zunge auf den Fußrücken drücken.
Als echte Alleskönner erweisen sich im Test 2020 nur die Bergschuh-Paare von Dachstein und Lowa – sie punkten beim gemütlichen Mittelgebirgswandern genauso wie auf hochalpinen Rucksack-, Klettersteig- oder Kraxeltouren. Während sich der Dachstein Super Ferrata MC GTX eher an Klettersteiggeher, ambitionierte Mittelgebirgs- und Hüttenwanderer richtet, zielt der Lowa Alpine SL GTX auf Alpinisten, die vom Hüttenweg bis zum 4000er alles mitnehmen, was steinig, steil und rutschig ist – auch im Harz oder Hunsrück. Oder auf Zelttour im hohen Norden – genügend Seitenhalt dafür bietet der Lowa-Stiefel nämlich ebenfalls.
Felsenfestes Leichtgewicht: Asolo wendet sich mit dem Magnum GV an erfahrene Bergfexe. Seitenhalt bietet das Leichtmodell nicht, dafür viel Freiheit im Gelenk, was versierte Fußtechniker in der Vertikalen zu schätzen wissen. Sie profitieren von der direkten, kantenfesten Sohle, die selbst auf Felsleistchen Halt findet. Auch bei Bergwanderungen oder heftigen Mittelgebirgstouren macht der Asolo Spaß, trägt er sich doch (fast) wie ein fest gedämpfter Turnschuh.
Preis/Herkunft: 200 €/Rumänien
Gewicht: 980 g (Paar, Gr. 42,5)
Passform: Mittelbreit geschnitten, lässt sich sehr gut anpassen, Schaftabschluss ist für dünne Fesseln zu groß. Wenig ausgeprägte Fußgewölbestütze.
Tragekompfort: Wer leichte, niedrige, aber eher fester gedämpfte und damit präzise Schuhe mag, sollte mal den Asolo anprobieren.
Fazit: Trittsichere erhalten mit dem Asolo einen top Schuh für steinige Wege, Klettersteige und Kraxelmeter – aber auch für ganz normale Wanderungen.
Testergebnis: Sehr gut
Traumschuh ohne Schwächen: Was für ein Paar! Einmal festgeschnürt, möchte man es nicht mehr ausziehen, so nahtlos umschließt es die Füße. Zusammen mit der hochpräzisen und relativ festen Sohle führt das zu einem ausgesprochen sicheren Auftritt und bester Kontrolle. Und zwar auf Wurzelwegen genauso wie auf steinig-steilen Bergpfaden. Sogar auf öden Forstpistenkilometern bereitet der stark gedämpfte Dachstein Freude, beim Klettersteiggehen sowieso.
Preis/Herkunft: 230 €/Bulgarien
Gewicht: 1065 g (Paar, Gr. 42,5)
Passform: Fällt schmal aus, kann hervorragend an die Fußform angepasst werden. Ausgeprägte Fußgewölbestütze. Etwas schwierig anzuziehen.
Tragekompfort: Das (zusammen mit Asolo) bequemste Paar im Test trägt sich unglaublich harmonisch, weich und rund – perfekt!
Fazit: Ob Mittelgebirgswanderung oder Bergtour, Klettersteig oder Kraxelzustieg: Der topkomfortable Dachstein beherrscht so ziemlich jedes Gelände.
Testergebnis: Überragend
Alpiner Alleskönner: Ob Eiger oder Eifel, Schreckhorn oder Schwarzwald – mit dem Alpine SL gelingt (fast) alles. Noch nie zuvor hat outdoor ein solch leichtes und voll hochtourentaugliches Paar getestet. Zum Bergsteigen und Klettern in steilem Fels-Eis-Terrain ist er wie geschaffen, doch machen mit dem geschmeidig abrollenden, stabilen Leichtstiefel auch Klettersteige, Alpenüberquerungen, Hüttentreks und felsige Mittelgebirgspfade viel Spaß.
Preis/Herkunft: 390 €/Deutschland
Gewicht: 1140 g (Paar, Gr. 42,5)
Passform: Fällt eher schmal aus, im Mittelfußbereich voluminöser. Sehr leichtgängige, effektive Schnürung. Leicht ausgeprägte Fußgewölbestütze.
Tragekompfort: Setzt fest auf, trägt sich aber wunderbar agil, präzise und trittsicher. Rollt sehr definiert und geschmeidig ab.
Fazit: Der Testsieger von Lowa ist für ambitionierte Bergfexe eine Offenbarung: steigeisenfest, stabil, dabei aber wunderbar leicht, bequem und präzise.
Testergebnis: Überragend
Haltgebender Wanderfreund: Stark, wie viel Seitenhalt ein so leichter Schuh bieten kann! Im Kontrast dazu stehen die vorne dünnen, weichen, aber im Bereich der Großzehenballen kantenstabilen Sohlen, die in der Vertikalen gute Dienste leisten. So empfiehlt sich der sehr komfortable Mammut vor allem für Mittelgebirgs- und Bergwanderungen, kann aber auch Klettersteige & Co. – wenn einen da die mitteilungsfreudigen Sohlen und der feste Schaft nicht stören.
Preis/Herkunft: 200 €/Vietnam
Gewicht: 980 g (Paar, Gr. 42,5)
Passform: Eher schmal und lang geschnitten, niedrige Zehenbox, spürbare Fußgewölbestütze. Wenig geschmeidiger Schaft mit recht fester Zunge.
Tragekompfort: Sitzt etwas fest, aber leicht am Fuß, rollt rund ab, führt und dämpft stark. Lässt einen spüren, worauf man steht
Fazit: Wer gerne spürt, worauf er steht und einen kraxeltauglichen Komfortschuh mit viel Seitenhalt sucht, wird im Testfeld kein besseres Modell finden.
Testergebnis: Sehr gut
Trekking-Partner: Von allen Kandidaten wiegt der Meindl am meisten. Leichtfüßigagil trägt er sich nicht, aber unglaublich sicher. Und geschmeidig, denn kaum ein Paar rollt so rund und flüssig ab wie er, bietet so viel Seitenhalt und Sicherheit: Was dem Meindl unter die dicken Sohlen kommt, bügelt er platt – für (Berg-)Touren mit schwerem Rucksack ideal, vor allem auf steinigen Wegen. Dank guter Dämpfung macht er aber auch Forstpisten erträglich.
Preis/Herkunft: 280 €/Slowakei
Gewicht: 1440 g (Paar, Gr. 42,5)
Passform: Mittelbreit geschnitten, Fußgewölbestütze spürbar. Sehr leichtgängige Schnürung, wulstig-plüschiger Schaft, recht niedrige Zehenbox.
Tragekompfort: Trotz hohem Gewicht und festem Schaft trägt sich der Meindl bequem: Er rollt definiert und rund ab, dämpft stark.
Fazit: Mit dem stabilen Meindl geht man selbst in ruppigem Terrain wie auf Schienen. Sein Metier sind mehrtägige (Berg-)Touren mit dickem Rucksack.
Testergebnis: Sehr gut
Turnschuh für Kletterer: Nur 970 Gramm wiegt das Salewapaar – und so trägt es sich auch: wie ein Turnschuh. Zumal der Schaft nur aus einer Elastikgamasche besteht, die keinen Halt bietet, aber Steinchen und Schnee (beim Queren von Eisfeldern) abhält. Die Sohle hat mit Turnschuhen hingegen nichts gemein, sie dämpft fest, lässt nichts durchdrücken und bietet im kantenstabilen Vorfußbereich beim Kraxeln und Klettersteiggehen viel Gespür und Halt.
Preis/Herkunft: 200 €/Vietnam
Gewicht: 970 g (Paar, Gr. 42,5)
Passform: Vorne schmaler, an der Ferse etwas weiter. Im Vorfußbereich sehr niedrig, starke Fußgewölbestütze. Elastikabschluss an dünnen Fesseln locker.
Tragekompfort: Der leichteste Testschuh trägt sich agil, bodennah, direkt, könnte aber runder abrollen. Schnürung kann drücken.
Fazit: Ein gutes Modell für alle, die auch in den Bergen lieber in Halbschuhen unterwegs sind und gerne ein paar Klettereien in ihre Touren einbauen.
Testergebnis: Gut
Solider Allrounder: Passionierten Bergwanderern wird der Zodiak Plus von Scarpa gefallen: nicht nur optisch (das auch), sondern vor allem wegen seiner präzisen, stabilen, aber nicht unsensiblen Sohlen. Und wegen seines weichen, aber haltgebenden Schaftes. So beweist er sich im Test als solider Komfortschuh für eher raue Wege – und für Touren zwischen 500 und 3000 Höhenmetern. Nur schade, dass er keine Steigeisenaufnahme bietet.
Preis/Herkunft: 250 €/Italien
Gewicht: 1115 g (Paar, Gr. 42,5)
Passform: Fällt vor allem im Vorfußbereich breit aus (auch das Damenmodell), kaum spürbare Fußgewölbestütze. Lässt sich ordentlich anpassen.
Tragekompfort: Nach dem harten Auftritt rollt die feste Sohle definiert-geschmeidig ab. Angenehm weicher, haltgebender Schaft.
Fazit: Nichts für lange Forstpisten, aber eine klasse Wahl für Mittelgebirgs- und Alpentouren (fast) aller Art. Trägt sich auch mit dickem Rucksack stabil.
Testergebnis: Sehr gut
Weitere Tipps: