Imlil ist der ideale Ausgangspunkt für Wanderungen und Trekkingtouren im Toubkal Nationalpark. Reisebuchautor Lutz Redecker gibt Tipps für eine Reise in die marokkanische Bergregion ...
Imlil ist der ideale Ausgangspunkt für Wanderungen und Trekkingtouren im Toubkal Nationalpark. Reisebuchautor Lutz Redecker gibt Tipps für eine Reise in die marokkanische Bergregion ...
Unsere kleine Gruppe erreicht die Lepiney Hütte des französischen Club Alpine Francaise am letzten Tag unseres 3-tägigen Trekkings gerade noch in der Dämmerung. Vorausgegangen waren Tage ausgiebigen Trekkings um 2000 Höhenmeter durch eine zauberhafte Bergregion und kleine verträumte Bergdörfer.
Zwei Autostunden südlich von Marrakesch liegt Imlil von wo wir am Mittag aufgebrochen waren. Von Imlill lässt sich eine ganze Reihe von Trekkingrouten erkunden, die in den Toubkal Nationalpark führen. Unser Guide Ali kennt die Pfade am Toubkal in-und auswendig, seit Generationen lebt seine Familie in dieser Region, die erst vor ca. 90 Jahren alpinistisch intensiver erschlossen wurde. „Neben Marokkanern kommen vor allem Engländer und Franzosen nach Imlil,“ stellt er fest, während er das Kartenmaterial ausbreitet.
Am nächsten Morgen komme ich mit Ali noch intensiver ins Gespräch. Er arbeitet für Toubkal Guide und führt Gäste zu den Viertausendern. Einige schrieben noch begeistert aus der Ferne, wie weit weg von allem Gewohnten diese Kultur sei. Es seien eben die verborgenen Wege und alten Orte abseits, die besonders starke Erinnerungen hinterließen bemerkt Ali. Stunden später befinden wir uns in Tinerhine und beobachten alte Frauen, die gerade mit großen Bündeln Feuerholz in den Ort kommen. „Unser Land erneuert sich zwar sehr stark in diesen Jahren, aber zugleich sind die Werte der Vergangenheit noch tief in unseren Köpfen verankert.“
Tinerhine bewohnen 50 Familien, die hier noch Transhumanz betreiben und ab Mai ihr Schafherden zu den höheren Plateaus treiben. Unser Weg führt uns entlang eines Bergflusses von dem immer wieder kleine Kanäle abzweigen und Gerstefelder bewässern. An einem Abschnitt hat ein Unwetter den Hang so angenagt, dass uns nichts anderes übrigbleibt als auf dem schmalen Grat des Kanals ein Stück zu balancieren. Gerste ist hier das Hauptnahrungsmittel und zwar geröstet und mit Kräutern zu Tagula verarbeitet. Blaue Lilien säumen einige Felder, Kinder spielen in der Mittagssonne. In Ikiss, näher an der Imlill Route, gibt es bereits Satellitenantennen, die Gradmesser ländlicher Abgeschiedenheit. Zu Mittag erhalten wir dort ein köstliches Mais-Couscous mit Buttermilch.
In der Dämmerung erreichen wir die Gite Matate auf ca. 2000 m und befreien die Packesel von unserem Proviant. Schnell ist eine Tajine zubereitet und unsere Koch freut sich über den regen Apetit der Gruppe.
Vorbei an den malerischen Orten Ait Aissa und Tizi Ouessen, deren Häuser farblich wie aus den umliegenden Bergen gewachsen scheinen. Die Lehmdächer sind hier noch nicht durch Zement ersetzt, Materialtransport ist mühsam und nur über die Eselspfade möglich. In der Abgeschiedenheit finden Frauen viel Muße Knüpfteppiche nach alten Mustern zu fertigen. Die Geruhsamkeit der Bewohner verrät viel über das Leben in diesem Tal.
Langsam schraubt sich der Pfad zu unserem Refuge Azip Tamsoult auf 2400 m, ganz nah an der Schneegrenze. Unsere beiden Guides haben in kürzester Zeit ein fantastisches Essen zubereitet. Ein großer violetter Schleier legt sich draußen bei frischen Temperaturen über die klar erkennbaren Berghöhen.
Im April kann es hier immer noch zu Schneetreiben kommen. Wir haben Glück. Am nächsten Morgen überrascht uns ein kristallklarer Himmel und die Wanderung zum Plateau von Tazahart (siehe Foto unten) und dann zu der gemütlichen Lepiney Berghütte verläuft über festgetretenen Schnee mit atemberaubender Sicht auf die Viertausender der Region, die, so unser Plan, wir im Sommer erkunden wollen ...
Imlil (Hoher Atlas) liegt ca. 70 km südöstlich von Marrakesch am Rand des Toubkal Nationalparks auf 1800m Höhe und ist Ausgangspunkt für Trekking und Exkursionen zum Djebel Toubkal (4165 m). Oberhalb von Imlill befindet sich die Kasbah von Tamatert und die Imlill Lodge, zwei ausgezeichnete Gästehäuser mit guter Küche die sich gut als Basis anbieten, www.imlil-lodge.com. In Imlill leitet Jamal Imerhane, ein erfahrener Bergguide, die Agence Toubkal Guide www.toubkalguide.com. Er und seine Crew begleiten Bergwanderer nicht nur zum Toubkal sondern auch auf mehrtägige Rundtouren.
Die Viertausender der Region locken von Mai bis September nicht nur Alpinisten an, sondern auch sportlich interessierte Wanderer.
Unsere Tour ist ideal im Winterhalbjahr wenn die Schneegrenze auf 2000 m und niedriger fällt. Das Hochplateau von Tazarhart ist ab April zugänglich. Folgende Sommer-Tour stuft der Club Alpine francaise als mittelschwer ein:
Mit vielen unvergesslichen Erfahrungen und menschlichen Begegnungen belohnt Marokko seine Besucher – zu empfehlen ist vor allem das ländliche Marokko. Denn Orte, Stimmungen und Begegnungen off the beaten tracks sind unvergesslich. Fantasie, Humor und vitale Lebensfreude besonders der einfachen Menschen lassen verdrängte Sichtweisen erkennen. Selbst Unmögliches findet in kürzester Zeit eine Lösung: Übernachten in einem verlassenen Dorf? Vegetarische Küche? Kein Problem! Auf dem Land einen Cousin von Freunden finden von dem man nur den Namen kennt? Makin muschkil – kein Problem!
Reisen ist außerdem relativ sicher. Der Blick auf das Marokko von Heute, auf seine vitalen Städte und seine im Wandel begriffene multikulturelle Gesellschaft lassen erahnen, welche Richtung das Land einschlägt und wie die Menschen ihre Form von Modernität und Religion leben.
Der Ethnologe und Buchautor Lutz Redecker bereist Marokko seit über 30 Jahren und hat mehrere Reisebücher über das Land geschrieben. Zuletzt im Bruckmann Verlag „Marokko“, www.bruckmann.de (siehe Bild).