
Nächste Station Trepptower Park!« Stets krampfen sich mir da die Eingeweide zusammen. Wo rekrutieren sie nur diese Bahnhofsansager, die es einfach nicht hinbekommen, den Bezirk so zu nennen, wie er heißt? Treeptoh. Wenn man seine Heimat längst verlassen hat, reagiert man erst recht empfindlich auf falsche Aussprachen.
Tolschefski und ich, Freunde aus Jugendzeiten und er klärte Faltboot Fans, haben beschlossen, die alte Berliner Heimat vom Wasser aus zu erkunden. Er lässt seine Beziehungen zum Kanuverein in Oberschöneweide spielen.
Dort schnappen wir uns einfach zwei Kunststoff Kajaks, tragen sie zum Anlegersteg, lassen sie ins Wasser plumpsen – und fertig. Das Gefühl des Verrats am Faltboot macht sich klein und rollt sich im Bug des Plastikbootes zusammen. Der Himmel ist unentschieden, zwischen Sonne, Wolken, Regen und Gewitter scheint alles möglich.
Wir legen ab und steuern auf die Treskowbrücke zu, Grenze zwischen Niederschöneweider Schläfrigkeit und Oberschöneweider Industrie Tristesse.

Die Spree teilt nicht mehr, sie eint, ist Verbindung und angenehme Abgeschiedenheit zugleich. An der Rückseite der Schnellerstraße herrscht schönstes Balkongetümmel. Für uns ist es jetzt die Vorderseite die, die man normalerweise nie zu sehen bekommt. Grünes wuchert aus Pflanzkübeln, Sonnenschirme stehen schief, Fahrräder lehnen an Balkongeländern. »War schon mal hässlicher hier«, sagt Tolschefski zufrieden.
Dann verlangen plötzlich schwere, träge Wellen unsere ganze Aufmerksamkeit: Ein Frachtschlepper ist an uns vorbeigezogen. Die Spree ist kein Ententeich. Hinter der Treskowbrücke wird’s ruhiger. Spreepiraten mit Zelt und Grill finden hier immer irgendwo einen Platz, und Tolschefski und ich lassen uns eher treiben, als in allzu großen Aktionismus zu verfallen. Herrlicher Sonntag, Ruhe, kein Fliegerdröhnen, nur freundliche Flugzeuge am Himmel. »Dabei ist das alles nicht so lange her«, sagt Tolschefski mit Blick auf alte Einschusslöcher.

Vor uns teilt sich nach einer Weile der Fluss. Links ist es breiter, rechts dadurch rätselhafter. Wo jehtit da hin, wieso diese Teilung? Wir entscheiden uns für die Erkundungstour rechter Hand. Ein Reiher sitzt grau und bewegungslos vorm Ufer, sticht aber von dessen dichtem Grün ab. Bald gelangen wir wieder zum Hauptfluss, haben eine Insel umrundet.
Dichte Blätter, Wurzelwerk, gestürzte Bäume, Kletterpflanzen. Man fragt sich immer, wo die ganzen Vögel in der Stadt nisten. Hier zum Beispiel. Dann ist der Treptower Park nicht mehr weit. Wir schämen uns etwas dafür, mit wie wenig Kraftaufwand wir schon so weit gekommen sind. Legen uns also ins Zeug und paddeln mal so drei, vier Minuten am Stück. Und dann: heiteres Gewusel, Tretboote und flanierende Wochenendler, ein typisches Sommerwochenende beim Park halt.
Wir machen dass Spiel mit, legen an und stehen unglaublich lange in der Schlange einer Eisbude. Es schmeckt dann natürlich auch umso verdienter. Wo werden wir übernachten? Wie geht es morgen weiter? Wird sich schon zeigen. Es ist jedenfalls herrlich, in einer vertrauten Umgebung Vagabund zu spielen.
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