Wandern ohne Ballast verspricht unbeschwerten Genuss. Wir haben Ausrüstung für Tages- und Zelttouren getestet, die wenig wiegt und viel kann.
Wandern ohne Ballast verspricht unbeschwerten Genuss. Wir haben Ausrüstung für Tages- und Zelttouren getestet, die wenig wiegt und viel kann.
Wer zum ersten Mal mit leichtem Gepäck loszieht, fühlt sich wie nach einem Befreiungsschlag: Statt stumpf vor sich hinzustapfen, läuft es plötzlich wie von selbst, im Verlauf das Tages ermüdet die Muskulatur spürbar weniger als früher und durch das flottere Gehtempo kannst du den einen oder anderen Gipfel mitnehmen, der zuvor außerhalb deiner Reichweite lag. Kein Wunder, dass immer mehr Wanderer auf den Geschmack kommen und der Absatz an gewichtsoptimierter Ausrüstung boomt. Der Umstieg auf leichtes Equipment ist allerdings erst der zweite Schritt. Die wichtigste Grundregel lautet: weglassen. »Nimm nur mit, was du wirklich brauchst«, rät Ausrüstungsredakteur Boris Gnielka. Am schnellsten schwindet der Ballast, wenn du Getränke und Essen reduzierst – ein Liter Wasser bringt immerhin ein Kilo auf die Waage. Es gibt also gute Gründe für die Mittagspause in der Berghütte. Die Route einer Zelttour kannst du so planen, dass du Vorräte nachkaufen kannst. Auch in vielen skandinavischen Fjällstationen zum Beispiel gibt es kleine Shops.
Unterwegs mit neuem Schwung
Je konsequenter dir das Weglassen gelingt, desto stärker kommt ein Effekt zum Tragen, den Grammzähler als positive Gewichtsspirale bezeichnen. Weniger Gepäck bedeutet, es reicht ein kleinerer Rucksack mit abgespecktem Tragesystem. Auch die Anforderung an den Wanderschuh verändert sich. Trägst du weniger, muss der Schaft nicht so viel Halt bieten, die Sohle kommt ohne schwere Versteifungen aus. Das lohnt sich: Forschungen zeigen, dass 100 Gramm am Fuß sich so auswirken wie 500 Gramm im Rucksack.
Noch weiter nach oben dreht sich die positive Gewichtsspirale durch leichte Ausrüstung mit kleinem Packmaß. Vor dem Kauf aber nur blind jedes Gramm zu zählen, kann leicht daneben gehen. »Aufs absolute Minimum reduziertes Equipment erfordert vom Benutzer viel Erfahrung «, sagt Ausrüstungsredakteur Boris Gnielka. Rahmenlose Rucksäcke etwa tragen sich erst komfortabel, wenn sie so gepackt werden, dass der Inhalt den Rücken versteift, manch hauchdünne Jacke löst sich in Fetzen auf, sobald man sich durchs Dickicht kämpft, und einige Ultraleichtzelte bieten nicht mehr Platz als die berühmte Hundehütte – oder verwandeln sich über Nacht durch Kondenswasser in eine Tropfsteinhöhle.
Damit dir negative Erfahrungen erspart bleiben, haben wir Ausrüstung gesucht, die wenig wiegt, aber viel leistet – von Bekleidung, Schuhen und Rucksäcken über Zelte bis hin zu Isomatten, Schlafsäcken und Kochern. Im Praxis-Check zeigte sich dann: Je nach Einsatzbereich kürten die Tester:innen unterschiedliche Favoriten. Anhand dieser Erfahrung schnürten wir fünf Sets. Das erste bringt unter zwei Kilo auf die Waage und beinhaltet alles, was du für eine Tagestour brauchst: den luftigen Wanderschuh La Sportiva Helios III (440 g/Paar), die Regenjacke Columbia Outdry Nanolite Shell (210 g) sowie eine dünne Softshellhose und die kleinst verpackbare, 110 Gramm leichte Daunenweste Nordisk Y Alto. Dazu kommt der Tatonka Skill 22, mit 760 Gramm einer der leichtesten Wanderrucksäcke mit Netzrücken auf dem Markt.
Set Nummer 2 liefert die richtige Bekleidung für Zelttreks. Zu den Highlights zählt die Dreilagenjacke Rothorn von Schöffel (365 g). Sie schafft den Spagat aus niedrigem Gewicht und hoher Strapazierfähigkeit. Auch die Kunstfaserjacke Patagonia Micro Puff Hoody (250 g) begeistert, weil sie leicht ist und top isoliert. Der Wanderstiefel Tecnica Forge trägt sich enorm komfortabel, bietet mit Trekkinggepäck genügend Halt und das Paar bringt nur 1240 Gramm auf die Waage. Auch eine dünne Softshell und ein stabiler Leichttrekkingstock gehören zum Paket.
Welche Zeltausrüstung passt zu dir?
Zelt, Trekkingrucksack, Schlafsack, Isomatte und Kocher findest du in drei weiteren Sets. Sie unterscheiden sich je nach Einsatzprofil und persönlichen Vorlieben. Die Allroundausstattung (rund 5,6 Kilo) zielt auf Wildnisfans ab, die häufiger ein oder zwei Wochen durch die Weiten Skandinaviens ziehen und mit widrigster Witterung klarkommen müssen. Unser Sparpaket (rund 5,7 Kilo) für 525 Euro zeigt, dass leichte Ausrüstung kein Vermögen kosten muss – die richtige Wahl für Schnäppchenjäger und Outdoor-Neulinge. Das letzte Set schließlich lässt mit einem sensationell niedrigen Gesamtgewicht von 3,1 Kilo Grammzähler jubeln. Es spielt seine Stärken vor allem auf Sommertouren aus.