Mehr Kraft, mehr Ausdauer - mit diesem Plan klappt's

Klettertraining Vol. I
Trainingsplan: mehr Kraft, mehr Ausdauer

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Zuletzt aktualisiert am 01.12.2008

„Klettern lernt man am besten durch klettern, schwer klettern kann nur, wer viel klettert, aber so richtig stark klettert nur, wer dafür trainiert!“

So oder ähnlich ist die landläufige Meinung in der Kletterszene. Dabei ist eines zu beachten: Zwei- oder mehrmals pro Woche in der Halle Routen im individuellen Schwierigkeitsbereich zu klettern, ist nicht trainieren. Sicher lassen sich darüber auch Leistungsfortschritte erzielen, doch ist dies, bis auf wenige Ausnahmen, nicht unbedingt die effektivste Art der Leistungssteigerung.

Training ist mehr! Es beinhaltet vor allem einen zielgerichteten, planmäßigen Prozess, der vorrangig der Verbesserung der sportartspezifischen Leistungsfähigkeit dienen soll. Trainingsziele können hierbei sehr individuell und auch für unterschiedliche Trainingszeiträume recht unterschiedlich gewählt sein. So kann zum Beispiel die Verbesserung der onsight-Fähigkeit von 6a auf 7a innerhalb des Wintertrainings als Ziel gewählt werden oder aber eine Steigerung der Maximalkraft im ersten Fingerglied des Ringfingers um 30 Prozent innerhalb der nächsten acht Wochen. Welches Ziel man sich auch setzt: Es sollte nach realistischer Einschätzung des aktuellen Leistungsstandes so definiert sein, dass es unter Anstrengung erreicht werden kann. Das heißt, ein Ziel sollte nicht zu hoch und auch nicht zu niedrig angesetzt werden. Hierbei hilft entweder ein erfahrener Trainer oder aber eine gesunde Selbsteinschätzung.

Das Erreichen der Trainingsziele erfolgt unter Berücksichtigung von allgemeingültigen Prinzipien des sportlichen Trainings, der spezifischen Trainierbarkeit in besonderen (sensitiven/sensiblen) Phasen mit Hilfe von ausgesuchten Trainingsinhalten und Übungen unter Einbindung von spezifischen Trainingsmitteln und Methoden.

Die individuelle Belastung wird dann über die qualitativen (Reizintensität, Reizdichte, Komplexität) und quantitativen (Reizdauer, Reizumfang, Häufigkeit) Belastungskomponenten gesteuert. Soweit also der sportwissenschaftliche Anspruch. Um euch den Einstieg in „das Training“ zu erleichtern, werde ich versuchen, in dieser und den folgenden Seiten diesen sportwissenschaftlichen Anspruch in ein „alltagstaugliches Klettertraining“ umzusetzen.

Von den vielen Faktoren, die die Kletterleistung bestimmen, konzentrieren wir uns dabei vor allem auf die Steigerung von Kraft und Ausdauer. Die vorgestellten Pläne sind schwerpunktmäßig für Kletterer im oberen sechsten bis siebten Grad (UIAA) mit Ambitionen auf den achten Grad konzipiert. Mitmachen kann im Prinzip jeder, der mindestens zweimal, besser dreimal in der Woche jeweils etwa zwei bis drei Stunden Zeit hat und sich mit spezifischen Übungen und Trainingsformen verbessern will.

Klettertraining – Wie funktioniert Trainieren?

Da eine gute und individuelle Trainingsplanung von extrem vielen Faktoren (wie Alter des Kletterers, Geschlecht, Anzahl der Kletterjahre, Möglichkeiten der Trainingshäufigkeit pro Woche, Vorbelastungen aus anderen Sportarten, weitere sportlichen Aktivitäten etc.) abhängig ist, habe ich in die konkreten Vorgaben auch eine „Smiley­steuerung“ eingebaut. Damit kann man seine Trainingsbelastung noch individueller an die Anforderungen des Trainingsplans anpassen. Die Smileys sollen helfen, die geforderten Übungsformen so zu gestalten, dass das subjektive Empfinden der Trainingsbelastung mit den geforderten Vorgaben übereinstimmt.

KL Klettern in Utah
Ralph Stöhr / klettern.de

So kann zum Beispiel ein 15- bis 30-minütiges Joggen mit gefordertem gelben Smiley bedeuten, dass der eine hierbei mit 8 Stundenkilometern durch den Wald trabt, während ein geübter Läufer hier schon mit 12 Stundenkilometern unterwegs sein sollte, um die Übung als mittelschwer zu empfinden. Auch bei den Übungen zur Gesamtkörperkraft kann für den einen eine einfache Pillar Bridge mit zwölf Sekunden Haltedauer schon als schwer empfunden werden, während ein anderer Kletterer keine Problem damit hätte, auch noch ein Bein und ein Arm vom Körper wegzustrecken.

Somit lässt sich der Trainingsplan aber auch von Kletterern, die nicht zur angesprochenen Gruppe gehören, grundsätzlich nutzen. Diese müssen nur die Übungen entsprechend der von den Smileys vorgegebenen Intensität an ihr eigenes Niveau anpassen.

Der erste Makrozyklus dauert sechs Wochen mit jeweils 2 bis 3 Trainingseinheiten. Es werden sowohl Übungen zur Steigerung der Gesamtkörperkraft, vorrangig der Körperspannung, als auch Übungen und Trainingsmethoden zur Verbesserung von kletterspezifischer Kraft und Ausdauer vorgestellt. Die Trainingseinheiten zur Gesamtkörperkraft können auch zu Hause durchgeführt werden, das kletterspezifische Training sollte man möglichst in einer Kletterhalle absolvieren.

Der Schwerpunkt liegt in dieser Zeit darauf, einige der im zweiten und dritten Makrozyklus eingebauten Trainingsmethoden und Übungsformen kennenzulernen und dem Körper und der Haut Gelegenheit zu geben, sich an die kommenden hohen Belastungsumfänge zu gewöhnen. Der zweite Makrozyklus wird vorrangig eine Steigerung im Trainingsumfang bringen. Hierbei findet das Training hauptsächlich in der Kletterhalle beim Bouldern und Routenklettern statt. Spezial­übungen und Wettkampfübungen werden hier zum Teil schon in das Training eingebaut.

Der Trainingsumfang wird dann im dritten und letzten Makrozyklus zugunsten einer hohen bis sehr hohen Intensität reduziert und abschließend je nach Zielsetzung durch spezifische Trainingsbelastungen und Übungsformen noch einmal angepasst. Allen Klettereinsteigern möchte ich am Ende noch vorrangig empfehlen, das Hauptaugenmerk nicht so sehr auf die Ausbildung ihrer Kraft- und Ausdauerfähigkeiten zu richten sondern einfach nur möglichst viel und vielseitig zu klettern. Anzumerken bleibt auch, dass eine Steigerung von Kraft und Ausdauer nicht automatisch zu einer Verbesserung der Kletterleistung führt. Erst das richtige Zusammenspiel aller leistungsbestimmenden Faktoren wird den gewünschten Erfolg bringen.

Klettertraining – Die Grundlagen: Kraft, Leistungsfaktoren, Plan

Faktoren der Leistung

KL Leistungsfaktoren beim Klettern

Ob man eine Route hochkommt oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab. Erst das richtige Zusammenspiel von Klettertechnik (koordinativen Fähigkeiten und Bewegungsfertigkeiten) gepaart mit einer entsprechenden Kondition (Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Flexibilität) in Verbindung mit taktischen und psychischen Fähigkeiten führt zum Durchstieg.

Kraft ist nicht gleich Kraft

KL Formen der Kraft beim Klettertraining

Kraft lässt sich zum einen nach der jeweiligen Kontraktionsform unterscheiden, also statisch (haltend) oder dynamisch (bewegend), zum anderen wird von den drei Hauptformen Maximalkraft, Schnellkraft und Kraftausdauer gesprochen. Für den Kletterer ist primär die relative Maximalkraft entscheidend, das ist die mögliche zu entwickelnde Kraft in Verhältnis zum eigenen Körpergewicht.

Die Schnellkraft ist die Kraft, die es uns ermöglicht, dem Körper eine maximale Beschleunigung zu erteilen, und die Kraftausdauer bezeichnet die Ermüdungswiderstandsfähigkeit bei längeren Kraftleistungen. Hierbei ist beim Sportklettern zum einen die Maximalkraftausdauer (für wenige harte Boulderzüge), zum anderen die submaximale Kraftausdauer (beim Routenklettern in längeren Passagen mit mehreren harten Zügen) zu unterscheiden. Für all diese Formen der Kraft gibt es spezielle Übungsformen, die in dieser Serie nach und nach vorgestellt werden.

Für die Ausdauer beim Sportklettern sind insbesondere Trainingsmethoden zur Verbesserung der Kurz- bis Mittelzeitausdauer von Interesse. Belastungszeiträume von mehr als sechs Minuten ohne jede Unterbrechung durch eine Schüttel- oder Rastposition werden auch in längeren Sportkletterrouten selten erreicht.

Der Trainingsplan für den ersten Zyklus zum Download:

Weiterlesen:

Klettertraining – Ergänzungen zum Trainingsplan (FAQ)

Trainieren ohne Trainer ist nicht immer einfach. Hier beantworten wir einige Fragen zum Trainingsplan.

Was genau sind 2 Grade unter meiner Leistungsgrenze? Zählen auch die Plus- und Minusschritte?

Ja. Die Schwierigkeitsgrade beziehen sich auf die UIAA Skala, also z.B. 6-, 6, 6+; 7-, 7, 7+; 8-, 8, 8+; usw. Ein Grad unter dem Leistungsniveau bedeutet dann bei 8+ als Bestleistung = 7+, zwei Grade darunter wäre 7-. Beim Warmklettern kann man natürlich auch darunter anfangen.

Die „Leistungsgrenze“ bezieht sich in diesem Fall auf den Grad, den man in der Halle an einem Tag klettern kann.

Mir ist nicht ganz klar, wie die Serien bei den Kraftübungen funktionieren. Wann genau sollte man die 20 Sekunden Pause machen? Zwischen den einzelnen, 6 bis 12 Sekunden langen Halteübungen? Oder erst, nachdem man die Halteübungen sechsmal hintereinander gemacht hat?

Die Pause von 20 Sekunden wurde für Einsteiger gewählt. Zeitsparend und sinnvoll ist eine Kombination und Abwechslung der verschiedenen Übungen. Zum Beispiel:

- Zuerst Y’s (12 Sek. Belastung), dann Pillar Bridge Frontal (12 Sek. Belastung), dann auf die linke Seite wechseln, Pillar bridge Lateral. Dann auf die andere Seite wechseln, dann auf den Rücken, Beckenlift, dann Crunch und dann noch die T’s, zum Abschluss die Dips und die Kniebeugen. Kurze Pause und das ganze wieder von vorn, insgesamt 6 Mal.

Die Pausen sind insgesamt bei den Übungen auch nicht ganz so wichtig, wichtiger ist, das die Belastung bei den Übungen zum einen von der Belastungsdauer (also so ca. 12 Sekunden) als auch von der Intensität (siehe Smileys) stimmen. Wenn dir 12 Sek Pillar Bridge Frontal z.B. viel zu leicht vorkommen, kannst du sie erschweren, indem du ein Bein abhebst.

Andersherum: Wenn es dir zu schwer vorkommt, kannst du die Pillar Bridge auch im Kniestand machen. Genauso kannst du mit den anderen Übungen auch verfahren. Wichtig ist, dass dir das gesamte „Workout“ für den jetzigen Zeitpunkt nicht allzu schwer vorkommt und du Lust hast, das ganze beim nächsten Mal wieder zu machen. Es wird noch schwerer und anspruchsvoller.

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